Eigentlich ist es doch recht einfach, ein Unternehmen erfolgreich zu lenken, wenn die Unternehmenslenker sich regelmäßig den 10 Kernfragen des Managements stellen und hierauf kluge Antworten finden. Da sich die Rahmenbedingungen für Geschäftsmodelle aber fortlaufend ändern, sind die Antworten auf dieselben Fragen stets andere. Und das macht es dann doch kompliziert. 

So werden Unternehmen vernichtet

Die Grundvoraussetzung für eine gedeihliche Unternehmensentwicklung ist, dass ein Unternehmen komparative Wettbewerbsvorteile vorweisen kann. Schließlich ist die Frage zu beantworten, warum ein Kunde beim Unternehmen und nicht etwa bei dessen Wettbewerbern kaufen sollte? Sofern das Unternehmen Inhaber eines Patentes oder sonstiger Alleinstellungsmerkmale von nachgefragten Produkten oder Dienstleistungen sein sollte, ist der Wettbewerbsvorteil leicht zu erklären. Ganz anders verhält es sich aber, wenn das Leistungsangebot des Unternehmens vergleichbar ist bzw. aus Kundensicht vergleichbar scheint, denn dann haben die Kunden die Wahl zwischen (vielen) sehr ähnlichen oder sogar identischen Angeboten, was den Auswahlprozess für sie wiederum sehr einfach macht – sie kaufen beim billigsten Anbieter.

Manager, die zulassen, dass ihr Unternehmen in solch eine Vergleichbarkeit gerät und hieraus keinen Ausweg finden, vernichten den Unternehmenswert, die Arbeitsplätze und letztendlich auch das Unternehmen.

Geschäftsmodelle sind wie Drehbücher

Aus guten Drehbüchern entstehen gute Filme, die mit durchschnittlich guten Schauspielern auskommen und keinen der superteuren Top-Schauspieler benötigen, um erfolgreich zu werden. Ähnlich verhält sich dies mit Geschäftsmodellen, denn ein auf einem guten Geschäftsmodell basierendes Unternehmen kommt mit durchschnittlich guten Managern und Mitarbeitern aus, wogegen ein schlechtes Geschäftsmodell stets einen überdurchschnittlichen Einsatz seiner Mitarbeiter fordert, um überhaupt einigermaßen überlebensfähig zu bleiben.

Der ehemalige CEO von General Electric, Jack Welch, sagte einmal, „Wenn die Veränderungsrate im Markt höher ist als im Unternehmen, führt das im Unternehmen zu einem Desaster“, und machte hiermit deutlich, dass auch ehemals erfolgreiche Unternehmen Opfer ihres eigenen Verfallsdatums werden können – und das nicht nur in Einzelfällen. Wenn das Geschäftsmodell kippt, werden von Managern und Belegschaft „Opfer“ erwartet, um doch noch irgendwie weitermachen zu können. Der bisherigen Parole „weiter so“ folgt dann ein „schneller weiter so“, obwohl der Kampf doch eigentlich bereits verloren ist, da das Management versäumt hat, die Weichen rechtzeitig neu zu stellen.

Die Schuld für den Misserfolg teilen sich viele Beteiligte

Es ist aber oft zu einfach, den verantwortlichen Managern allein die Schuld für den Verfall des Geschäftsmodells zu geben, denn diese sind für gewöhnlich auch nur Bestandteile in einem eingefahrenen System mit vielen Beteiligten, die jeweils individuelle Interessen haben. Und wer glaubt, dass Kollektivinteressen vor den jeweiligen Individualinteressen stehen, der hat unsere Welt offenbar nicht verstanden. Selbstverständlich denken die meisten Menschen in erster Linie an sich. Und deshalb hat auch jede Interessensgruppe ein jeweils eigenes Interesse an bestimmten Szenarien.

Nehmen wir als Beispiel die vier großen Energieversorger, die sich allesamt in großen Krisen befinden und die als große Kapitalgesellschaften vielen Aktionären gehören, um die wichtigsten Interessensgruppen schnell zu erklären:

  • Die Kunden woll(t)en günstige Energie. Manche legten auch Wert auf Sicherheit, aber wenn man sich das damalige Nachfrageverhalten in den jeweiligen Märkten ansah, dann war der Preis jeweils ein wichtiges Kriterium. Energie ist eine Commodity.
  • Die Aktionäre möchten im Regelfall eine verlässliche und möglichst hohe Dividende. Andernfalls verkaufen sie ihre Aktien und investieren anderswo.
  • Die Politiker wollten eine verlässliche Versorgung sicherstellen und die Kosten niedrig halten. Sie möchten die Wähler zufriedenstellen und wiedergewählt werden.
  • Der Vorstand hat einen befristeten Vertrag, den er erfüllt. Üblicherweise werden von Managern von Aktiengesellschaften im Quartalsmodus möglichst hohe Gewinne erwartet. Das jeweilige Incentive des Top-Managers honoriert Gewinne und nicht etwa (unnötige) Gewinn schmälernde Investitionen.

Würde man einen Manager dafür bezahlen, dass er (zulasten des Gewinns) Arbeitsplätze schafft, so würde er dies selbstverständlich tun. Fraglich ist aber, ob dies auch von den Kapitalanlegern gewollt wäre. Viele von ihnen würden sicher in eine andere Aktie investieren, die das eingesetzte Vermögen besser verzinst.

Ähnlich war es wohl mit den Investitionen in erneuerbare Energien. Der jeweilige Vorstand hatte doch in Zukunftstechnologien investiert, und das offenbar in einem Umfang, der Aktionäre und Politik zufriedenstellte. Erst mit dem durch Fukushima gewonnenen Rückhalt in der Wählerschaft trauten sich die Politiker einen Systemwechsel, den die Bevölkerung ohne die Katastrophe wahrscheinlich schon aus Kostengründen mit Abwahl abgestraft hätte. Plötzlich waren die Menschen aber bereit, für ihre Sicherheit mehr Geld auszugeben. Und das änderte alles.

Es ist zu schlussfolgern, dass ein Top-Manager immer nur für eine begrenzte Zeit im Amt ist und dass seine Rechte und Pflichten durch den Dienstvertrag definiert sind, dessen Inhalt von den Eigentümern bestimmt wird. Und eine börsennotierte Gesellschaft wählt sich naturgemäß den Manager aus, der für sie das tut, was sie von ihm erwartet, und das ist im Regelfall die Erfüllung des Shareholder-Value-Ansatzes.

Demgegenüber ist das inhabergeführte Unternehmen systembedingt dann im Vorteil, wenn eher mittel- bis langfristige Ausrichtungen existieren und das Incentive des Unternehmenslenkers Gewinn reduzierende Zukunftsinvestitionen nicht abstraft, sondern sogar belohnt.

Nicht jeder Manager kann alles

Ein weiterer wichtiger Aspekt beim Untergang von Unternehmen sind die sogenannten Übergangsfähigkeiten der jeweiligen Manager. In der Theorie unterscheidet man vier Managertypen, die auch den jeweiligen Unternehmensphasen zuzuordnen sind:

  1. In der Entstehungsphase eines Unternehmens wird eher der innovative, hemdsärmelige Innovator gesucht,
  2. in der Wachstumsphase der auf Organisationsaufbau und Vermarktung spezialisierte Stratege,
  3. wenn „alles gut läuft“, der Administrator
  4. und in der Krise der Sanierer.

Bei vielen Unternehmen ist kurz vor dem Untergang der Managertyp der Kategorie 3 am Werk, und es stellt sich die Frage, ob ein Administrator überhaupt ein Unternehmen sanieren oder gar neu erfinden kann? Für gewöhnlich hat er doch ein klares Verständnis vom Markt, seinem Wettbewerb und seinem Unternehmen, und er wurde gesucht und beauftragt, den Status quo zu halten bzw. zu verbessern und nicht etwa neu zu erfinden.

Die 10 Kernfragen des Managements

Um Unternehmenswerte zu halten bzw. zu entwickeln, ist Managern und Eigentümern von Unternehmen zu empfehlen, sich in regelmäßigen Abständen den folgenden 10 Kernfragen des Managements zu stellen:

  1. Wie genau können wir unser Geschäftsmodell inklusive aller Wertschöpfungskonfigurationen optimieren?
  2. Wie müssen wir unsere Produkte und Dienstleistungen verändern, damit wir die Nachfrage in unseren Märkten nachhaltig erhöhen?
  3. Über welche Absatzkanäle vermarkten wir unser Angebotsportfolio effektiv und effizient?
  4. Wie steuern wir die Absatzkette auf eine für uns vorteilhafte Weise?
  5. Welche sind die für uns nachfrageintensiven nationalen und internationalen Marktsegmente und wie adressieren wir diese?
  6. Wie steigern wir unsere Anziehungskraft, sodass neue Kunden, Mitarbeiter und Partner eigeninitiativ auf uns zukommen?
  7. Welche ist die für unser Geschäftsmodell optimale Organisation und wie können wir uns dem optimalen Zustand nähern?
  8. Wie kreieren wir Wettbewerbsvorteile, um unsere Margen und den Wert unseres Unternehmens nachhaltig zu verbessern?
  9. Welche sind die für uns interessanten Partner im Markt und wie können wir mit ihnen kooperieren oder sie kaufen?
  10. Mit welchen Mitteln finanzieren wir unsere Vorhaben unter Berücksichtigung sämtlicher Geldquellen wie Investoren, Fördermittelgeber etc.?

Wer sich diesen Fragen regelmäßig stellt und hierauf ebenso regelmäßig kluge Antworten findet, wird die Rentabilität des ihm anvertrauten Unternehmens steigern. Alle anderen, die stattdessen vom Tagesgeschäft getrieben ihren Geschäften ohne die erforderlichen Anpassungen nachgehen, nähern sich unaufhaltsam dem Verfallsdatum des eigenen Geschäftsmodells.

Deshalb ist es unverzichtbar, sich nicht nur auf kurzfristige Unternehmensziele zu fokussieren, sondern den langfristigen Fortbestand des Unternehmens im Auge zu behalten. Auch dann, wenn die Dienstverträge der organschaftlichen Vertreter erheblich kürzer sind als die Dauer der angestrebten Marktfähigkeit des Unternehmens.

 

Click to rate this post!
[Total: 2 Average: 5]