Arbeitnehmer erfahren zumeist als Letzte, wenn Unternehmen bzw. Abteilungen geschlossen werden und sie ganz plötzlich „überflüssig“ sind. Dabei gibt es doch viele Hinweise, anhand derer auch für Arbeitnehmer recht frühzeitig erkennbar ist, wenn es mit dem eigenen Arbeitgeber bergab geht.
Das Verfallsdatum von Geschäftsmodellen
Geschäftsmodelle von Unternehmen haben in der jeweils aktuellen Form stets ein Verfallsdatum, denn für jedes Unternehmen ändern sich die relevanten Rahmenbedingungen kontinuierlich. Verändertes Nachfrageverhalten der Kunden ist in diesem Zusammenhang nicht die einzige Einflussgröße, welche sich auf die Rentabilität eines Geschäftsmodells auswirkt. Hinzu kommen das Verhalten der Wettbewerber, Gesetzesänderungen, die Verfügbarkeit von Ressourcen wie beispielsweise Personal oder Kapital und natürlich Erfindungen bzw. technologische Weiterentwicklungen.
Schon immer wurden sich verändernde Rahmenbedingungen seitens der jeweils meinungsbildenden Zeitgenossen nicht rechtzeitig erkannt oder sogar komplett unterschätzt, schon immer wurde die Zukunft falsch vorhergesagt.1899 war sich der damalige Leiter des amerikanischen Patentamtes sicher, dass alles, was erfunden werden kann, bereits erfunden wurde. Der Mathematiker und Erfinder Lord Kelvin war seinerzeit fest davon überzeugt, dass das Radio absolut keine Zukunft hat und Robert Metcalfe von 3Com prognostizierte keine einhundert Jahre später, dass das Internet im Jahr 1996 wie eine spektakuläre Supernova in einem katastrophalen Kollaps untergehen wird.
Thomas Watson, IBM, glaubte im Jahr 1943, dass es weltweit einen Markt für vielleicht fünf Computer geben würde. Dies relativierte Ken Olsen, Digital Equipment, im Jahr 1977 mit den Worten: “Es gibt keinen Grund, warum jeder einen Computer zu Hause haben sollte”.
So wie damals werden auch heutzutage aktuelle Entwicklungen nicht richtig gedeutet bzw. deren Einfluss auf das eigene Unternehmen unterschätzt. Man denke nur an Themen wie Digitalisierung, Cloud, Big Data bzw. Smart Data und die wachsende Notwendigkeit, Geschäftsmodelle immer wieder neu mit komparativen Wettbewerbsvorteilen auszustatten.
Der Ablauf beim Verfall von Unternehmen
Ein Unternehmen, welches heute respektable Gewinne produziert, entwickelt sich als Folge einer Reihe von Fehleinschätzungen und hieraus resultierender Fehlentscheidungen schnell zu einem Durchschnittsunternehmen und von dort aus dann weiter in einen ertragsarmen Zustand. Hierbei sind die Vorboten der Verschlechterung zunächst kaum wahrnehmbar, wie die folgende Grafik zeigt.
Arbeitgeber, die veränderte Rahmenbedingungen nicht ausreichend in ihren Planungen berücksichtigen und auch technologische Entwicklungen nicht zu ihrem Vorteil nutzen – kurzum, nicht ständig an ihrer individuellen Wettbewerbsvorteilsbasis arbeiten -, können sich in ihren Märkten nur noch über niedrige Preise behaupten. Mit (zu) niedrigen Preisen produziert man aber keine Gewinne. Um dennoch zu halbwegs akzeptablen Jahresabschlüssen zu kommen, sparen sich diese Arbeitgeber kaputt.
Einmal in der Abwärtsspirale kommt man kaum wieder raus
Da werden dringende Investitionen nicht durchgeführt, mit zu wenig Mitarbeitern dieselbe Arbeit erledigt und weitere Sparmaßnahmen durchgeführt, die allesamt zu Lasten der Qualität gehen. Unzufriedene und überlastete Mitarbeiter produzieren mangelhafte Produkte / Dienstleistungen, was wiederum zu unzufriedenen Kunden führt. Diese Kunden wenden sich vom Unternehmen ab, was die Ertragsbasis weiter belastet und so kommt man in eine abwärts führende Spirale.
Die Preise geraten weiter unter Druck, es wird immer schwieriger, Kunden zu halten und neue zu gewinnen, es müssen permanent Überstunden geleistet werden, ohne dass Neueinstellungen erfolgen, und der Krankenstand steigt. All dies wird vom Management damit begründet, dass man sich schließlich in einer „schwierigen Branche“ befindet.
Warum werden die Mitarbeiter so selten befragt?
Würde man die Mitarbeiter befragen, dann könnten viele von ihnen dem Management jede Menge Hinweise zu fehlerhaftem Verhalten liefern. Stattdessen postuliert das Management ein „Weiter so“ verbunden mit der Hoffnung, dass der Markt sich wieder zu Gunsten des Unternehmen „dreht“. Das passiert allerdings so gut wie nie. Es ist üblich, dass die Unternehmen sich an Märkte anpassen und nicht umgekehrt.
Jetzt könnte man meinen, dass die Manager die von Ihnen verursachten bzw. nicht rechtzeitig bearbeiteten Probleme doch selbst lösen könnten, aber wie soll das gehen, wenn man analog Albert Einstein Probleme niemals mit derselben Denkweise lösen kann, wie sie entstanden sind?
Nach alledem stellt sich eine weitere Frage, nämlich was ein Arbeitnehmer denn tun kann, wenn sich sein Arbeitgeber in einer Abwärtsspirale befindet? Diese Frage ist schwer zu beantworten, denn meistens hört das Management ja nicht auf Untergebene.
Besonders leistungsstarke und wenig loyale Mitarbeiter erkennen die Situation als erste und bewerben sich sehr schnell aktiv beim Wettbewerb oder anderswo, wodurch das Unternehmen weiter geschwächt wird. Vielen anderen Mitarbeitern, die sich nicht so leicht positionieren können, bleibt nur die Möglichkeit, das Management bereits frühzeitig für die Probleme zu sensibilisieren und darauf zu hoffen, dass sich zum Wohle aller etwas ändert. Oder sie müssen sich ebenfalls (stärker) bemühen, sich vor dem Verfall des Unternehmens selbst in Sicherheit zu bringen.
Als Fazit ist zu konstatieren, dass alle Geschäftsmodelle ein Verfallsdatum haben und dass sich Unternehmen ständig anpassen müssen. Oder anders ausgedrückt: Alles muss sich immer wieder ändern, damit es gut bleibt.